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GS 14624

Kassel, Staatliche Museen, Graphische Sammlung - Zope-Id: 8768

Vorschau
Vorschaubild
Originalscan
Ort Kassel
Institution Graphische Sammlung
Teilbestand
Signaturen GS 14624
Gegenstand Idealentwurf zu einer evangelischen Kirche, Grundriß
Künstler Wolff, Johann Heinrich (Zeichner)
recto recto Zeichnung Zeichnung
Beschriftung Beschriftung  /  Beschriftung  /  Beschriftung
Skala Maßstab
verso verso
Stempel
Wasserzeichen "J WH(ATMAN) / 18[...]"
Papierqualitaet Papier
Papierfarbe
Größe 426 x 428 mm
Zustand
Montierung
Datierung 1823
Bauwerk
Bauwerk-Links
Schriftquellen
Zeichnungen
Stiche
Fotos
CAD
Literatur
Kommentar Ein erhöhtes, sechsseitiges Plateau, das an jeder Seite durch Treppen- und Rampenanlagen zugänglich ist, bildet die Präsentationsfläche für Johann Heinrich Wolffs evangelischen Kirchenbau. Wolff wählte die Gestalt eines konzentrischen Zentralbaus, der ganz auf die exponierte Plazierung des Altars hin ausgerichtet ist. Eine große Tambourkuppel betont dabei die zentrale Altarstellung. Drei axial angeordnete, tiefe Vorhallen kennzeichnen die Zugänge in den Kirchenraum. Sie schneiden halbrund in einen klösterliche Kreuzgänge rezipierenden Pfeilergang, der den Bau umzieht. Um die zentralistische Anordnung nicht zu zerstören, trennte Wolff den Kirchturm vom Hauptgebäude und gestaltet ihn in der Art italienischer Campanile. Den Vorplatz gliedern seitlich zum Haupteingang zwei Brunnenanlagen mit ringsherum gesetzten, schattenspendenden Bäumen.\nDie Entwicklung eines Zentralbaus ist grundsätzlich mit verschiedenen nutzungstechnischen Schwierigkeiten verbunden, mit denen sich auch Johann Heinrich Wolff konfrontiert sah. So mußten die Hauptereignisorte der evangelischen Verkündigung und Sakramentsausübung in Gestalt von Kanzel, Altar und Taufstein im gesamten Kirchenraum gut sichtbar sein. Bei zentraler Altarstellung und der Anordnung des Gestühls ringsherum ist der Pastor jedoch gezwungen, einem Teil der Gemeinde beim Zelebrieren des Gottesdienstes den Rücken zuzudrehen. Was vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil Alltag in der katholischen Kirche war, sollte in der evangelischen vermieden werden. Wolff konnte bei der vorliegenden Altarstellung diese Situation jedoch nicht umgehen. Die zentrale Altarposition macht zudem die Trennung von Kanzel und Altar notwendig, wobei die Grundrißgestalt eine ausreichende Einsichtnahme der Kanzel ermöglicht. Zwischen zwei Pfeilern angeordnet, kann der Pastor von jedem Platz aus gesehen werden. Zugleich verdeutlicht die Plazierung an der dem Haupteingang gegenüberliegenden Seite den hohen Stellenwert, der dem Wortgottesdienst in der evangelischen Kirche beigemessen wird. \nJohann Heinrich Wolff schuf einen Kirchengrundriß, dessen einheitliches Raumbild nutzungstechnischen Erwägungen gegenüber vorrangig behandelt wurde. Erschließungs- und Versorgungsbauteile wie Treppen, Sakristei usw. mußte er so im Innern eines doppelten Mauerrings unterbringen. Die stringent verfolgten Planungsprinzipien sprechen dabei eher für einen Idealentwurf, der nicht auf eine Realisierung hin ausgelegt war. Wolffs Entwurf orientiert sich an frühchristlichen zentralen Kuppelkirchen wie St. Sergios und Bakchos in Konstantinopel und San Vitale in Ravenna. Die Anregung dazu geht vermutlich auf Durands architekturgeschichtliche Abhandlung "Recueil et parallèle des edifices de tout genre anciens et modernes" (Durand 1801) zurück, die Wolff nachweislich zur Anfertigung von Studienblättern und verschiedenen Entwürfen bereits während seiner Zeit in Paris benutzte. \nDie Zeichnung befindet sich auf einem der Grundrißdarstellung entsprechend geformten sechseckigen Blatt, das seinerseits auf ein großes rechteckiges Blatt mit rundem, doppelt gerahmtem Mittelfeld geklebt wurde. Am unteren Rand ist der Erläuterungstext mit der Benennung der durch Buchstaben in der Darstellung bezeichneten einzelnen Bauteile auf einem kleinen Extrablatt beigefügt.
Autor MH