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GS 15035

Kassel, Staatliche Museen, Graphische Sammlung - Zope-Id: 8910

Vorschau
Vorschaubild
Originalscan
Ort Kassel
Institution Graphische Sammlung
Teilbestand
Signaturen GS 15035
Gegenstand Studie eines kompositen Fassadengebälks, Aufriß
Künstler Wolff, Johann Henrich (Zeichner)
recto recto Zeichnung Zeichnung
Beschriftung Beschriftung  /  Beschriftung  /  Beschriftung  /  Beschriftung
Skala Maßstab
verso verso
Stempel
Wasserzeichen -
Papierqualitaet Papier
Papierfarbe
Größe 363 x 263 mm
Zustand
Montierung
Datierung 1780 (um)
Bauwerk
Bauwerk-Links
Schriftquellen
Zeichnungen
Stiche
Fotos
CAD
Literatur
Kommentar Die vorliegende Zeichnung Johann Henrich Wolffs zeigt eine Gebäudeecke mit Lisenengliederung und kompositem Fassadengebälk, das sich aus einem Architrav mit zweistufigem Gesims, abschließendem Profil aus Perl- und Eierstäben und einem Metopen-Triglyphen-Fries zusammensetzt. Während die Metopen ein klassisches Opferschalenrelief zeigen, sind die Triglyphen in geschwungene Konsolen mit Einschnittverzierungen umgewandelt. Als zusätzlicher Baudekor sind unterhalb der Konsolen Pinienpaare angebracht, die der Guttae-Anordnung entsprechen. Für die Gestaltung des Gesimses werden Architekturdetails der korinthischen Ordnung verwandt, die aus einer Abfolge von Modillons, die die unter dem Geison hängenden Mutuli der dorischen Ordnung ersetzen, lesbischem Kyma, Geison, lesbischem Kyma und Sima bestehen. \nDie konstruktiven und motivischen Grundlagen für diese Darstellung entstammen Vignolas illustriertem Säulenbuch (Vignola 1562), das auf Taf. XXX eine vergleichbare Darstellung zeigt. Vignolas Säulentraktat bietet mit diesem kompositen Gebälk eine Alternative zu der Version mit Zahnschnittleiste an (s. GS 15036), indem mit Bezug auf die dorische Ordnung aus Serlios konsolengestütztem Gebälk eine geschwungene Konsolenreihe entwickelt wurde. In einem hohem Maß erregte gerade dieses Detail die Aufmerksamkeit der englischen Klassizisten des 19. Jahrhunderts (Chitham 1987, S. 40). Vignola setzte dieses Gebälk an das Ende seines Säulenbuchs als Beispiel dafür, wie die Maßgaben der Säulenordnungen praktisch umzusetzen wären. Die Stützenhöhe (Säulenmaß) wurde dabei lediglich auf die Fassadenhöhe übertragen. Bei einer Gesamthöhe von elf Modulen fällt eine Maßeinheit auf das Gebälk, dessen Einzelteile nach den entsprechenden Größenverhältnissen in der Darstellung bemessen werden.\nTrotz grundsätzlicher Übereinstimmungen mit Vignolas Säulenbuch sprechen verschiedene Abweichungen gegen dessen Funktion als Vorlagenwerk. So ist die Geisonstirn nicht vorgezogen, sondern fluchtet mit den Modillons. Demgegenüber kragt das abschließende Karnies stärker vor als bei Vignola. Im Bereich der Ornamentik sind die Metopenreliefs statt mit Zielscheiben und Schiffen mit Opferschalen verziert und anstelle des gestreckten, konvexen Profils findet sich ein Eierstab mit anschließendem Perlstab. Zudem sind die Einschnitte auf der Modillonoberfläche mit Blattstengeln gefüllt. Hierbei bezog sich Wolff offensichtlich auf eine französische Übersetzung des Vignola-Traktats, den "Cours d'Architecture“ von Augustin Charles d'Aviler (1691), der neben der fremden Säulenlehre auch eigenständige Vorschläge zu Wandgliederungen, Sockeln und Balustern vorstellt. Unter seinen "Entablemens pour les facades, et cornisches pour les Appartemens“ findet sich auf Tafel 98b eine Gesimsdarstellung mit gefüllten Triglypheneinschnitten und Guttae, die als zapfenförmige Gebilde ausgeführt sind (Aviler 1691, S. 364f.).\nEin derartiges Gebälk ist denkbar als Abschluß einer reduzierten Fassadengestaltung ohne Säulen, das in dieser Ausprägung bereits von Vignola, Serlio und Blum vorgesehen war (Schütte 1981, S. 24). D'Aviler entwickelte vier mögliche Gebälke mit einem "entablemes de couronnement“, einem "entablemes architravés", einem "entablemes simples" und einem "petits entablemes" (Aviler 1691, S. 128, Taf. 36).
Autor MH