Vorschau |
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Ort |
Kassel |
Institution |
Graphische Sammlung |
Teilbestand |
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Signaturen |
GS 15156 |
Gegenstand |
Kassel, Residenzschloß, Entwurf zur Ansicht der Stadtseite, Aufriß |
Künstler |
Wolff, Johann Heinrich (Zeichner) |
Kommentar |
Die rot durchgestrichene Zeichnung gehört zu einer von Johann Heinrich Wolff angefertigten Serie von Entwürfen zur Gestaltung des Kasseler Residenzschlosses (GS 15156 - GS 15158, GS 15160 - GS 15164, GS 15226, GS 15238, GS 15250, GS 15352). Dem Blatt mit der stadtseitigen Ansicht kann eine Zeichnung mit dem Grundrißentwurf und der zur Aue gerichteten Schloßansicht (GS 15157) zugeordnet werden.\nÜber einer rustizierten Sockelzone erhebt sich der Bau in zwei Geschossen. Die Fassade prägt die doppelgeschossige Säulenstellung des fünfzehnachsigen Portikus, der beidseitig von einem breiten Fassadenfeld mit Fenstern flankiert wird. Dabei vermitteln die geschoßbezogenen Gliederungselemente dieses Feldes zu den zurückliegenden fünfachsigen Seitentrakten, die die horizontale Ausrichtung der Fassade unterstreichen. Bauornamentale Details an Fenstern und abschließendem Kranzgesims (Fries und Akroterien) heben das Geschoß als Beletage hervor und wirken einem strengen klassizistischen Formenkanon entgegen. Nur wenig später (1827) griff Wolff auf die Fassadenstruktur dieses Entwurfs zurück, als er im Rahmen seiner Kasseler Lehrtätigkeit den Wohnungstypus für einen höheren Staatsbeamten (GS 15790; 1827) entwickelte. Die frühe Entwurfsphase zeigt sich vor allem im oberen Mauerfeld des Mittelbaus, wo sich über dem Kranzgesims ein Mezzaningeschoß anschließt, das uneinheitlich durchfenstert ist. Offensichtlich war die Frage der Fenstergliederung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beantwortet. Im Bereich der Säulenstellungen wird durch Statuen eine Verlängerung des vertikalen Gliederungselements bewirkt. Auf diese Weise sollte eine Akzentuierung erreicht werden. \nWie der Grundriß (GS 15157) verdeutlicht, umschließen stadtseitiger und aueseitiger Kreuzarm zusammen mit zwei Seitentrakten einen quadratischen Innenhof, der das Zentrum einer zentralsymmetrischen Anlage bildet. Der Zugang erfolgt von der Stadtseite aus über eine in Mittelrisalitbreite ausgeführte Treppe, deren Wangenstufen mit Löwenskulpturen und einem Gueridon ausgeschmückt sind. Zentral ist der Treppe eine Brunnenanlage vorgelagert, die als einziger Teil der Anlage auch im Grundriß angedeutet ist. Da über die Hälfte des Blattes frei blieb, ist anzunehmen, daß eine weitere Darstellung geplant war. \nWährend die Grundrißgestaltung den an der Pariser "École d'Architecture“ gelehrten Regeln folgt, kann die Fassadengestaltung als Ergebnis von Wolffs Auseinandersetzung mit der italienischen Renaissance-Architektur gewertet werden. So rezipiert das geschoßbezogene Gliederungsprinzip der Seitentrakte römische Palazzi. Die doppelgeschossige Säulenstellung, die auf die palladianische Villenarchitektur zurückgeht, schafft eine Gleichgewichtigkeit von Unter- und Obergeschoß bei gleichzeitig fehlender Dominanz des Gebäudemittelteils, die, wie Wolff auch erkannte, der Repräsentativfunktion des Gebäudes nicht gerecht werden konnte. Diesem gestalterischen Fehler versuchte er bei den nachfolgenden Entwürfen entgegenzutreten. Zehn Jahre später wählte Leo von Klenze bei seinem Schloßentwurf für den griechischen König eine ähnliche Fassadenstruktur, wobei er durch einen übergiebelten Mittelrisalit und zusätzliche Eckrisalite deutlichere Akzente zu setzen verstand. \nIm Gegensatz zu den anderen aus dem Nachlaß Wolff stammenden Blättern trägt die Zeichnung keine alte, in roter Tinte aufgebrachte Inventarnummer. Einem rückwärtigen Hinweis zufolge diente das Blatt als Mappe für zwölf der Pantheon-Zeichnungen (Bl. 355-367; GS 12531 - GS 12542, GS 12554). |
Autor |
MH |