Blatt

GS 15247

Kassel, Staatliche Museen, Graphische Sammlung - Zope-Id: 9122

Vorschau
Vorschaubild
Originalscan
Ort Kassel
Institution Graphische Sammlung
Teilbestand
Signaturen GS 15247
Gegenstand Entwurf für ein Belvedere nach Percier (?), Schnitt
Künstler Wolff, Johann Heinrich (Zeichner)
recto recto Zeichnung Zeichnung
Beschriftung Beschriftung
verso verso
Stempel
Wasserzeichen -
Papierqualitaet Papier
Papierfarbe
Größe 594 x 420 mm
Zustand
Montierung
Datierung 1813 (um)
Bauwerk
Bauwerk-Links
Schriftquellen
Zeichnungen
Stiche
Fotos
CAD
Literatur
Kommentar Das sorgfältig ausgeführte Blatt präsentiert den Schnitt durch ein Belvedere in bewaldetem Gelände. Über einem etwa zur Hälfte aus der Erde ragenden, gesondert zugänglichen Kellersockel erhebt sich das eigentliche Belvedere, ein geräumiger, hoher Saal mit großen Fenstern, die den Ausblick in die Landschaft gestatten. Der Zugang erfolgt über einen Portikus mit toskanischen Säulen und einen tonnengewölbten Vorsaal, wobei die axial angelegten Türöffnungen einen Blick durch das Gebäude in die Natur ermöglichen. Im Kellerraum unter dem Saal, von außen durch Stufen unterhalb des Terrassenpodestes direkt zugänglich, war wohl die Küche vorgesehen, wie der große Rauchfang nahelegt. \nAuffällig ist die reiche Innendekoration der beiden Säle, die thematisch einen Bezug zur Bestimmung des Gebäudes herstellt. Im Vestibül ist über den beiden Türen ein Fries in antikem Stil angebracht, auf dem Putten in einer Kelter Trauben treten und einen Stier zum Altar führen. Die Lünette darüber zeigt zwei Frauen, die Früchte auf einen Altar legen. Beide Darstellungen gehören in den geläufigen Kanon von Jahreszeitendarstellungen. Der große Salon enthält in der kassettierten Wandvertäfelung mit ionischen Pilastern zwischen den großen Fenstertüren zwei Paneele mit der figürlichen Darstellung von blumengeschmückten Hermen und Altären, wobei auf dem linken Bild noch Weinkanne und Schale, auf dem rechten ein Jagdhund hinzugefügt sind. Hierbei handelt es sich wiederum um Jahreszeitendarstellungen (Herbst/Bacchus mit Wein, Winter/bärtiger Saturn mit Pinienzapfen), die Perciers und Fontaines 1801 publiziertem Entwurf eines “Chambre à coucher du Cit. V. à Paris” entnommen sind (Percier/Fontaine 1801-1812, Taf. 13; vgl. Katalog Kassel 2000/2, Abb. S. 56). Eben diese Jahreszeitenbilder wurden um 1808 auch von Jaquemart & Benard als Wandtapete gedruckt (Katalog Kassel 2000/2, S. 60f.), was für den außerordentlichen Erfolg dieser Jahreszeitenbilder spricht. In Perciers und Fontaines Stichwerk findet sich ebenfalls das Vorbild für die löwenartigen Figuren, die die Wandvertäfelung im Sockelbereich gliedern; es handelt sich um sog. “Pieds de Chimeres” (Chimären sind Mischwesen aus Löwe, Ziege und Schlange), wie der kurze Begleittext der Publikation ausführt (Percier/Fontaine 1801-1812, S. 1, Taf. 1+2, “Atelier de Peinture de C."). Dem Dekorationsrepertoire Perciers und Fontaines entstammen auch die Motive im Deckenbereich des Raumes: Blumengirlanden, die von geflügelten Frauen (Genien?) und Schwänen getragen werden (vgl. Hautecoeur 1943-1957, Bd. 5, Abb. 273) und dazwischen dekorative Girlandenvoluten und -friese, dazu in den Fensterlünetten noch das apollinische Motiv der Lyra im Lorbeerkranz. Die Aussparung der Wandfläche oberhalb des zentralen Kamins, die entsprechend den Fensteröffnungen gerahmt ist, ist ein Hinweis darauf, daß hier ein großes Gemälde eingelassen werden sollte, wie es beispielsweise im Jahreszeitensalon des Hôtel de Beauharnais in Paris der Fall war (Hautecoeur 1943-1957, Bd. 5, Abb. 284).\nDiese Studie auf der Grundlage des Dekorationssystems von Percier/Fontaine ist vermutlich von Johann Heinrich Wolff im Rahmen seines Unterrichts bei Percier angefertigt worden.
Autor UH