Vorschau |
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Ort |
Kassel |
Institution |
Graphische Sammlung |
Teilbestand |
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Signaturen |
L GS 11311 |
Gegenstand |
Kassel, Schloß Bellevue, Entwurf für einen Ball- und Theatersaal, Grundriß und Schnitt |
Künstler |
Grandjean de Montigny, Auguste Henri Victor (Architekt) |
Kommentar |
Das Blatt, das bislang irrtümlich mit Klenzes Theater in Wilhelmshöhe in Zusammenhang gebracht wurde, zeigt tatsächlich einen Entwurf des ersten Hofarchitekten Auguste Victor Grandjean de Montigny für einen Theater- und Ballsaal, der im Bereich des Bellevueschlosses eingerichtet werden sollte. Er war Teil der Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, die nach der Übersiedlung des königlichen Hofes infolge des Schloßbrandes von 1811 in den Gebäudekomplex zwischen Frankfurter Straße und Bellevuestraße notwendig wurden. Zur Unterbringung des Theaters wurde offensichtlich ein Gebäude bestimmt, das parallel zu dem 1749-51 von François de Cuvilliés errichteten Galerieflügel am Palais des Prinzen Wilhelm stand und auf einem um 1810 entstandenen Stadtplan zu erkennen ist (Plan der Königl. Westphälischen Haupt- und Residenzstadt Cassel von 1813 von "v Hbt" [v. Humbert; Holtmeyer 1923, S. XXX]). Anbauten an den beiden Schmalseiten sollten die Verbindung mit dem Palais sowie dem ehemaligen Gebäude der Kunstakademie herstellen. Ein weiteres in diesen Bauzusammenhang gehörendes Blatt von Grandjean de Montigny in der Graphischen Sammlung (GS 6311) zeigt den Erdgeschoßgrundriß der nordwestlich anschließenden "Galerie de Communication", in deren Obergeschoß der bekannte Stucksaal eingerichtet wurde (Holtmeyer 1923, S. 378, Taf. 24). Eine flüchtige Graphitskizze am linken Rand der unteren Blatthälfte von L GS 11311 läßt den Schnitt durch diesen Trakt erkennen.\nWährend sich Quer- und Längsschnitt allein mit der Theatereinrichtung des eingeschossigen Bauwerks befassen, schließt der Grundriß auch die geplanten seitlichen Anbauten ein, deren Mauern, im Unterschied zur grauen Lavierung des Altbaus, in hellem Rot erscheinen. Der bestehende Raum sollte vor allem durch den in Massivbauweise ausgeführten Einbau einer halbkreisförmig geschlossenen Königsloge mit flach gewölbter Decke, eine neue Wandgliederung mit Pilastern sowie den in Holzbauweise konstruierten Bühnenbereich für die neue Nutzung hergerichtet werden. Von der Ausstattung sind lediglich ein mit Figuren besetzter Ofen in der Loge und der Bühnenrahmen mit einem Bühnenbild im Detail wiedergegeben, während auf die Darstellung der Einzelformen der Pilasterkapitelle oder der gewölbten Decken verzichtet ist. Der im Dekorationsstil von Percier und Fontaine gestaltete Bühnenrahmen weist in den beiden seitlichen pilastergerahmten Wandfeldern Porträtmedaillons und im Scheitel des flachen Bogens ein Tondo mit den Initialen von König Jérôme auf. Sie wurden nachträglich unleserlich gemacht.\nDie sorgfältige Anordnung der Zeichnungen auf dem Blatt, die Unterschrift des Architekten, ein Stempel sowie die genauen Maßangaben lassen auf ein fortgeschrittenes oder bereits endgültiges Planungsstadium schließen. Der projektierte Saal wurde jedoch nicht verwirklicht, wie sich den Lage- und Stadtplänen des frühen 19. Jahrhunderts entnehmen läßt (vgl. besonders den um 1815/20 entstandenen Grundriß des Bellevueschlosses GS 14545; Garküche 1814, S. 26 erweckt den Eindruck, das Theater "in der Frankfurter Straße" sei tatsächlich ausgeführt worden). An seiner Stelle führte man die schmalere Verbindungsgalerie zweigeschossig bis zum alten Kunstakademiegebäude fort. |
Autor |
GF |