Blatt

L GS 12482

Kassel, Staatliche Museen, Graphische Sammlung - Zope-Id: 12172

Vorschau
Vorschaubild
Originalscan
Ort Kassel
Institution Graphische Sammlung
Teilbestand
Signaturen L GS 12482
Gegenstand Studie eines Akademiegebäudes nach Peyre, Grundriß
Künstler Du Ry, Simon Louis (Zeichner)
recto recto Zeichnung Zeichnung
verso verso
Stempel
Wasserzeichen Kreuz über "IHS" und Herz (?); "CP CUSSON FIN / AUVERGNE" mit Lilie
Papierqualitaet Papier
Papierfarbe
Größe 655 x 670 mm
Zustand
Montierung
Datierung 1755 (um)
Bauwerk
Bauwerk-Links
Schriftquellen
Zeichnungen
Stiche
Fotos
CAD
Literatur
Kommentar Der Grundriß eines axialsymmetrischen Gebäudes mit zwei konkav zurückschwingenden Fassaden ist im Zusammenhang mit dem bekannten Entwurf von Marie-Joseph Peyre für ein Akademiegebäude zu sehen (Peyre 1765, Taf. 3; Originalzeichnung in der École des Beaux-Arts, Paris). Boehlke und Dittscheid halten es für wahrscheinlich, daß Du Ry diese Zeichnung bereits in seiner Studienzeit und in direktem Kontakt mit seinem früheren Pariser Studienkollegen Peyre anfertigte. Für diese Einschätzung sprechen auch die bislang nicht beachteten Wasserzeichen des aus zwei Papierstücken zusammenmontierten Blattes. Das Material stammt von dem französischen Papierproduzenten Cusson in der Auvergne, der 1731 nachweisbar ist (Briquet 1923, S. 662; Churchill 1935, S. 61). Die Unterschiede in der Darstellung vor allem bei den Säulenstellungen der Fassaden sowie der Reduzierung der Raumzahl durch Vergrößerung und Vereinfachung der Raumformen im Innern seien dem Bemühen Du Rys um stärkere Vereinheitlichung und "größere Zusammenhänge" der Vorlage Peyres geschuldet (Boehlke 1958, S. 44, Anm. 102, Abb. 24; Boehlke 1980, S. 21, Abb. S. 22; Dittscheid 1987, S. 13, Anm. 158-160).\nTatsächlich entspricht die Grundrißdisposition Du Rys mit der axialen Anordnung der Räumlichkeiten und der umfangreichen Anwendung von freistehenden Säulen im Innen- und Außenbereich dem Entwurf von Peyre. Das Streben nach einem einheitlicheren Erscheinungsbild der Fassaden zeigt sich vor allem im Verzicht auf die von Peyre verwendeten Mauerzungen, die eine Rhythmisierung bewirken, sowie in der Akzentuierung der Hauptzugänge im Scheitel der beiden konkaven Fassaden mittels Verdoppelung der Säulen. Die dreifache Wiederholung des horizontal abgeschlossenen Portikus, die durch die Nachzeichnung Johann Henrich Wolffs (GS 15315) belegt ist, verstärkt diese Wirkung. Dagegen verzichtet Du Ry auf die Fortführung der Kolonnaden an den zwei anderen Fronten, die - ohne den Kontext der von Peyre konzipierten Gesamtanlage - als untergeordnete Nebenfassaden erscheinen können. Die Variationen des Grundrisses bestehen vor allem in der Schaffung größerer und vereinfachter Räume zwischen dem weitgehend unverändert beibehaltenen Kernbereich und den vier Kopfbauten. Besonders bei den beiden Rechtecksälen in der Querachse ist durch die Größe und die Säulenreihen eine monumentale Wirkung angestrebt. Weniger gelungen wirken die Umformungen der vier Innenhöfe, zumal in den Zwickeln zur Querachse eher ungünstig geformte Räume entstehen. Bezeichnenderweise befassen sich die nachträglichen Änderungen in Graphit und Rötel von unbekannter Hand gerade auch mit diesen Bereichen. Diese überlegt, aber flüchtig eingetragenen Ergänzungen konnten aufgrund der achsensymmetrischen Grundstruktur im wesentlichen auf ein Viertel des Grundrisses beschränkt werden, jedoch finden sich auch an anderen Stellen Korrekturen, die teilweise nur schwach mit Graphit notiert sind. Vieles entspricht dabei dem 1765 publizierten Plan Peyres, so die zusätzlichen Säulenstellungen, die Umformung der Querachsensäle durch Hinzufügung von Seitenräumen oder, in Graphit nur angedeutet, die Veränderung der Höfe zu einer kreisrunden Form. An anderen Stellen sind jedoch Veränderungen skizziert, die von Peyre abweichen (Innenhöfe, Innenräume der Kopfbauten). Wann und von wem diese eingezeichnet worden sind, ist ungewiß. Die von Johann Henrich Wolff wahrscheinlich 1773 angefertigte Nachzeichnung (GS 15318) berücksichtigt sie jedenfalls nicht und gibt Du Rys Erstfassung bis auf kleine Abweichungen genau wieder.\nDem großformatigen Blatt ist eine besondere Bedeutung zuzumessen, da es nicht nur das von Du Ry in seinen Briefen mehrfach postulierte große Interesse an der antiken Architektur in Rom und deren Umsetzung in moderne Bauaufgaben widerspiegelt, sondern auch den Kontakt und Austausch mit anderen in Rom weilenden zeitgenössischen Künstlern und Studienkollegen. Die zu diesen bestehenden Beziehungen sind in den Briefen Du Rys nicht thematisiert, werden aber durch dieses Blatt belegt (vgl. auch die mögliche Bekanntschaft mit Charles-Louis Clérisseau, die sich aus Vermerken im Skizzenbuch Du Rys ergeben; Dittscheid 1987, S. 13).\nAuf der Rückseite des Blattes finden sich einige in Graphit ausgeführte Skizzen zu oder nach Grabmälern, darunter eines mit architektonischer Rahmung, die mit der Darstellung der Vorderseite in keinem Zusammenhang stehen.
Autor GF