Blatt

Marb. Dep. 254,1

Kassel, Staatliche Museen, Graphische Sammlung - Zope-Id: 13636

Vorschau
Vorschaubild
Originalscan
Ort Kassel
Institution Graphische Sammlung
Teilbestand
Signaturen Marb. Dep. 254,1
Gegenstand Kassel, Karlsaue, Entwurf zur Umgestaltung, Plan
Künstler Bourguignon, Pierre (Gärtner)
recto recto Zeichnung Zeichnung
Beschriftung Beschriftung  /  Beschriftung  /  Beschriftung
Skala Maßstab
verso verso
Stempel
Wasserzeichen -
Papierqualitaet Papier
Papierfarbe
Größe 509 x 920 mm
Zustand
Montierung
Datierung 6.12.1785
Bauwerk
Bauwerk-Links
Schriftquellen
Zeichnungen
Stiche
Fotos
CAD
Literatur
Kommentar Der großformatige, sorgfältig kolorierte Plan des Gartens in der Aue unterhalb des Landgrafenschlosses in Kassel von Pierre Bourguignon ist das erste Blatt des Klebebands "Plans von Fürstlichen Gärten in Hessen" und wird in der Kartusche links unten bezeichnet als: "PLAN / NACH WELCHEN DER / FÜRSTL: AUGARTEN ZU EI- / NER INSUL UND DIE BASSINS UND CANA- / LEN SCHÜFFBAR UND FISCHREICH ZU / MACHEN, AUCH ÜBERHAUPT AUF EINE / NUTZBARE ART DURCH ANPFLAN / ZUNG GUDER SORDEN OPST BAUME / ZU VERBESSERN UND ABZUENDERN". Ergänzend zu dieser Beschriftung füllt auf der rechten Seite des Blattes eine ausführliche Erläuterung den freien Raum neben der Zeichnung, die sehr genau die Veränderungen schildert, die nötig wären, um die Kanäle wieder schiffbar und den Garten allgemein ertragreicher zu machen. So heißt es etwa: "Da nun der Au-Garten nach dem französischen Gout etwas viel regulaires und striktes hat, so habe die Busquets L nach dem irrugilairen englischen Gout angebracht, und anstatt deren vielen Sorten Gehölze könnte man diese Busquets mit hochstämmigen Obstbäumen bepflanzen", gefolgt von einer genauen Auflistung der Obstsorten, die angebaut werden könnten.\nGrundlage des Plans ist, wie es in der Erläuterung heißt, der von Friedrich Wilhelm Selig 1781 herausgegebene große Situationsplan von Kassel. Der Vergleich mit diesem macht deutlich, daß die Erwägungen Bourguignons das grundlegende System von Alleen und Kanälen kaum tangieren. Bemerkenswert ist allein die Tatsache, daß die Kanäle am Bowlinggreen vor der Orangerie zusammengeführt werden, wodurch der größere, fächerförmig aufspringende Gartenbereich inselartig abgetrennt und nur noch durch eine Brücke zugänglich ist. Die Auflockerung der mit L gekennzeichneten Boskette nach "englischem Gout" erfolgt durch weitgehend regelmäßige, sich symmetrisch wiederholende Wege, noch weit entfernt von einer den natürlichen Gegebenheiten folgenden freien Wegführung.\nDie Datierung des Plans auf den 6. Dezember 1785 fällt in die ersten Monate der Regierungszeit Landgraf Wilhelms IX., dem der französischen Gartenstil mißfiel und der deshalb eine Umwandlung des Geländes in der Karlsaue in einen englischen Landschaftsgarten anstrebte. Darauf spielt die Erläuterung Bourguignons deutlich an. Ebenso ist auch der angesprochene Aspekt der Nutzbarmachung des Gartens durch Obstbaumpflanzung als eine Reaktion des Gärtners auf die bekannte Sparsamkeit des Fürsten zu interpretieren. Es ist deshalb entgegen der Annahme Beckers (Becker 1996, S. 55) keineswegs davon auszugehen, daß der Auftrag zu diesem Plan noch von Friedrich II. kurz vor seinem Tode im Oktober 1785 ausging. Vielmehr kann man vermuten, daß Pierre Bourguignon, der seit 1782 in Kassel mit eher untergeordneten Aufgaben beschäftigt war, sich mit diesem Plan bei dem neuen Landgrafen, dessen Vorlieben allgemein bekannt waren, positiv einführen wollte - ein Versuch, der aber augenscheinlich nicht erfolgreich war, da seine sehr moderaten Vorschläge nicht in die Tat umgesetzt wurden. Die Zeichnung wurde aber für würdig erachtet, in den Klebeband des späteren Kurfürsten aufgenommen zu werden.
Autor UH