Vorschau |
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Ort |
Kassel |
Institution |
Graphische Sammlung |
Teilbestand |
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Signaturen |
Marb. Dep. 38 |
Gegenstand |
Rom, Bauaufnahme der Fontana di Trevi, Aufriß |
Künstler |
Du Ry, Simon Louis (Zeichner) |
Kommentar |
Der Neubau der Fontana di Trevi gehörte zu den ambitionierten und prominenten päpstlichen Bauvorhaben in Rom im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts. Nach dem von Papst Clemens XII. 1732 veranstalteten Wettbewerb wurde Nicola Salvi (1697-1751) mit dem Projekt betraut, das schließlich erst 1758-62 unter seinem Nachfolger Giuseppe Pannini mit der Anfertigung und Aufstellung der Skulpturen von Pietro Bracci und Filippo della Valle vollendet wurde (Schiavo 1956; Blunt 1982, S. 238-240; Pinto 1986; Katalog Rom 1991, S. 65-87). Zum Zeitpunkt des Romaufenthalts von Simon Louis Du Ry 1753-56 war die mit der Fassade des Palazzo Conti verbundene Triumphbogenarchitektur schon seit längerer Zeit fertiggestellt und der Brunnen bereits in Betrieb genommen (1743). In der Mittelnische war ein Modell des Okeanos aufgestellt, während die Arbeiten am restlichen figuralen Programm wie auch an den Felsenunterbauten im Becken noch ausstanden. \nDas Brunnenprojekt wurde in der zeitgenössischen Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, wie auch die zahlreichen Darstellungen des Brunnens belegen, die teilweise bereits vor dessen Fertigstellung entstanden, darunter etwa auch die "Veduta della vasta Fontana di Trevi [...]" von Piranesi von 1751 (Wilton-Ely 1978, Nr. 145; Pinto 1986, S. 211). Zu den besonders Interessierten gehörten auch ausländische Architekten, die sich während ihres Romaufenthalts mit dem Objekt beschäftigten und dabei teilweise Zeichnungen Salvis verwenden konnten. Auch nach dem Tod des geschätzten und durch den Brunnenbau berühmt gewordenen römischen Baumeisters (1751) bestand weiterhin Zugang zu den im Besitz der Familie verbliebenen Blättern (Pinto 1986, S. 195f.; Kieven 1993, S. 241), wofür der von William Chambers angefertigte Aufriß von 1753 ein qualitätvolles Beispiel darstellt (Chambers 1996, Abb. 25). Möglicherweise konnte Du Ry bei der Arbeit an seiner Darstellung direkt auf dieses Material zurückgreifen, wie etwa zahlreiche Übereinstimmungen mit einem Salvi zugeschriebenen Aufriß nahelegen (Pinto 1986, Abb. 154), vielleicht aber auch nur auf eine andere Vorlage (Auskunft Elisabeth Kieven vom 22.9.1982; vgl. Ms Schuchard).\nChambers' und Du Rys Ansichten der Brunnenanlage ähneln sich auf den ersten Blick in überraschendem Maß, weisen aber im Detail hinsichtlich der Skulpturen bis hin zu den beiden Reliefs im Obergeschoß sowie der Felsengruppierung doch so deutliche Unterschiede auf, daß von der Benutzung verschiedener Vorbilder ausgegangen werden muß. Bei Du Ry fallen die breiter angelegten Schattenzonen auf, mit denen insbesondere der Mittelrisalit und dessen Skulpturen durch eine gegenüber den seitlichen Fassaden kräftigere Lavierung hervorgehoben werden. Vor allem die zentrale Figurengruppe des Okeanos auf dem von Wasserpferden gezogenen Muschelwagen und die vorgelagerten Felspartien erhalten durch dunkle Grautöne sowie durch die kontrastierenden Höhungen des stellenweise in Blau dargestellten Wassers in Weiß und hellem Grau eine die Wirkung der Darstellung steigernde 'malerische' Qualität. \nDas Blatt nimmt im erhaltenen Oeuvre von Simon Louis Du Ry durch seinen darstellerischen Aufwand, aber auch durch das große Format eine besondere Stellung ein. Durch das Wasserzeichen eines ligierten "PL" läßt es sich der Gruppe der während des Romaufenthalts von 1753-56 entstandenen Zeichnungen zuordnen, deren Maßskalen jeweils mit "pieds" oder "pieds de Paris" versehen sind (L GS 12817, L GS 12549, L GS 13836, L GS 13837, L GS 13841). Die aus einer Linie und einem breiten Streifen bestehende Rahmung, von der an den Rändern des beschädigten und beschnittenen Blattes noch Teile erhalten sind, macht wahrscheinlich, daß die Zeichnung zur Präsentation bei Landgraf Wilhelm VIII. vorgesehen war. Da dieser zum Zeitpunkt von Du Rys Romaufenthalt mit dem Kaskadenbau von Wilhelmsthal ebenfalls ein anspruchsvolles Wasserbauprojekt verfolgte (Bleibaum 1926, S. 28-30; Schmidt-Möbus 1995, S. 126f.; vgl. auch Marb. Dep. 6.), konnte der junge Architekt auf ein besonderes Interesse seines Landesherrn rechnen. |
Autor |
GF |