Vorschau |
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Ort |
Kassel |
Institution |
Graphische Sammlung |
Teilbestand |
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Signaturen |
GS 12635 |
Gegenstand |
Beberbeck (?), Gestüt, Fürstenhaus, Wandgestaltung, Aufriß |
Künstler |
Bromeis, Johann Conrad (Architekt)
unbekannt, (Ausführung) |
Kommentar |
Die Raumentwürfe von Johann Conrad Bromeis zeichnen sich durch ihre versatzstückhaft zusammengesetzte Motivik aus, die es bei fehlender Beschriftung schwer macht, eine Zuordnung vorzunehmen. Das vorliegende Blatt zeigt den Ausschnitt einer Wanddekoration. Pilaster korinthischer Ordnung gliedern die Wandfläche in vertikale Abschnitte, die in der Abfolge aus einer halbrunden Ofennische, einem illusionistischen Fensterwandfeld und einem angeschnittenen, flach abgesetzten Wandstück bestehen. Die Abschnitte werden von Lisenen flankiert, wobei ein Kämpfergesims die Verbindung zwischen den Teilbereichen herstellt. Durch unterschiedliche Farbwerte erreicht Bromeis zudem die Verklammerung von Architekturdetails. So wählt er für die hintere Wandschicht einen grünen Farbton, den er im Bereich der Ofennische marmoriert ausführt, und setzt die Ofennische selbst in grauvioletter Tönung ab. Der hier plazierte Zylinderofen mit einer Statue wird optisch durch die hellgraue Tönung in den Vordergrund verlegt. Die vordere Wandschicht (Holzverschalung?), bestehend aus Pilaster, Fries, Lünetten und Kämpfergesims, ist einheitlich in Rotbraun ausgeführt. Die Lünettendarstellung, die den Kampf von Meleagros mit dem Eber zeigt, wurde in der Vergangenheit als Hinweis auf die Zugehörigkeit zum Konvolut "Beberbeck" gedeutet. Hier käme nur der Gartensaal im ersten Obergeschoß in Frage, wo ein anderer Entwurf für eine Wanddekoration mit Hirschgeweihen (GS 15462) vorliegt. Zwar sollte dieser Raum der Beschriftung in einem frühen Grundrißentwurf (Marb. Dep. II, 48) zufolge "jaegermaeßig" dekoriert werden und es gibt halbrunde Ofennischen beidseitig der Tür zum Vestibül, die Abfolge der einzelnen Wandstücke lassen sich jedoch nicht in Übereinstimmung bringen. Zudem sind die in den verschiedenen Abschnitten unterschiedlich präsentierten Dekorationsdetails in dem vorliegenden Entwurf ein Hinweis darauf, daß er nicht für ein konkretes Wandstück gedacht war, sondern in einer gemeinsamen Darstellung verschiedene Möglichkeiten der Wandgestaltung durchgespielt werden. Dafür sprechen auch die unterschiedlichen Ausführungen sowohl bei den Pilastersockeln und -kapitellen als auch bei den Verzierungen der Architekturdetails. So ist der linke Pilaster marmoriert, der rechte dagegen in einfacher Farbtönung ausgeführt. Der mittlere zeigt ein flach reliefiertes Ornament im Arabeskenstil, für das die Pilastermalerei in den Vatikanischen Loggien von Raffael vorbildhaft war. Die verschiedenen Elemente, Vasen, vegetabile Zierformen u. ä. sind dabei symmetrisch um eine Mittelachse arrangiert. Bromeis griff bei seinen Dekorationsentwürfen häufig auf dieses bedeutende italienische Vorbild zurück. Den Pilastern lagert ein Gebälk mit einem reliefierten Fries auf. Schmale Figurenfelder zeigen eine Tierszene und eine Jahreszeitendarstellung, deren Vorlage in dem "Recueil" von Beunat (Beunat 1813 (1974), Taf. 60) zu finden ist. Die Position über den Pilastern nehmen Tondi mit Profilporträts von Hylas (Geliebter des Herakles) und Arytas (griech. Philosoph und Mathematiker) ein, wobei die Entscheidung gerade für diese antiken Figuren nicht ganz einsichtig ist. \nAbschließend kann festgestellt werden, daß die Zugehörigkeit des Blattes zum Konvolut Beberbeck (s. Katalog Kassel 1988, Kat.Nr. 49; Hoffmann 1994, S. 173, Abb. 103) eher unwahrscheinlich ist. Diese Einschätzung wird auch durch die Auswahl der vergleichsweise üppigen Dekorationselemente und die anspruchvolle zeichnerische Ausführung unterstrichen, was die Zeichnung von den Blättern des Beberbeck-Konvoluts unterscheidet. Statt dessen könnte die Zeichnung für ein anderes Bauprojekt angefertigt worden sein, das ebenfalls von Bromeis betreut wurde. In Schloß Philippsruhe wurden in den 1830er Jahren umfangreiche Renovierungsarbeiten vorgenommen, um die Folgen der napoleonischen Besatzungszeit zu beseitigen. In diesem Zusammenhang wurden verschiedene Schloßgemächer in klassizistischer Manier dekoriert und mit stuckierten Wandgliederungselementen (Pilaster und Archivolte) versehen. Wandmalereien mit Figurenszenen mythologischen Inhalts schmückten mehrere Repräsentativräume. In verschiedenen Räumen befanden sich marmorierte Rundbogennischen, in die Öfen mit Figurenaufsätzen plaziert wurden. Möglicherweise entstand die vorliegende Zeichnung als Präsentationszeichnung, die verschiedene Dekorationsmodelle veranschaulichen sollte. |
Autor |
MH |