Vorschau |
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Ort |
Kassel |
Institution |
Graphische Sammlung |
Teilbestand |
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Signaturen |
GS 15093 |
Gegenstand |
Kassel, Bellevue-Marställe, Entwurf zur Reithalle, Aufriß und Schnitt |
Künstler |
Wolff, Johann Heinrich (Zeichner) |
Kommentar |
Nur wenige von Klenzes Kasseler Projekten konnten tatsächlich realisiert werden. Dabei betrifft die umfangreichste Planung die Marställe bei Schloß Bellevue in der Oberneustadt. Die von ihm konzipierten Stallgebäude sollten den bereits bestehenden kleineren Marstall ergänzen. Klenzes Plan, der mehrfach modifiziert wurde, sah einen geschlossenen Komplex mit zwei langgestreckten, um einen Reitplatz angeordneten Stalltrakten vor, der an der zum Bellevue-Schloß ausgerichteten Seite ein Torgebäude und gegenüberliegend eine Reithalle ("Manège couvert") umfaßte (StAM P II 9560/2 u. StAM P II 9713). Kam der Reithallenbau nicht über die Fundamentierung hinaus (StAM P II 9560/5), so wurden die Stalltrakte zwar gebaut, nach der Wiederherstellung des Kurfürstentums 1813 der am Aueabhang aber sofort wieder abgerissen. Der zweite Flügel mußte 1871 dem Neubau des Galeriegebäudes weichen (Buttlar 1986, S. 201-203; Katalog München 2000, VW 22). Die aus dem Nachlaß Wolff stammenden Aufrißentwürfe (GS 15094, GS 15094 u. GS 15303) sind als Arbeiten Johann Heinrich Wolffs anzusehen, der in seinen Lebenserinnerungen auf die Verbindung zu dem zweiten Hofbaumeister Klenze verweist. Aufgrund einer Geschäftsverbindung zu seinem Vater, Heinrich Abraham Wolff, sei er häufig zu Arbeiten herangezogen worden (Wolff 1899, S. 246).\nDas vorliegende Blatt zeigt in der oberen Hälfte einen lavierten Aufrißentwurf für die Eingangsfront der zum Bellevue-Marstall-Komplex gehörenden Reithalle und in der unteren Hälfte einen Querschnitt des Gebäudes. Die Fassade wird durch den Portalvorbau mit Serliana-Motiv und Skulpturengruppe akzentuiert. Seitlich sind dem Eingang bogenförmige Drillingsfenster zugeordnet. Eine horizontale Teilung bewirkt das durchgehende Gurtgesims, das gleichzeitig als Sohlbankgesims für die Fensteröffnungen fungiert. Ein zweites Horizontalgesims führt eine vom Abakus der Fensterpfeiler in Höhe und Breite vorgegebene Linie auf der Fassade weiter fort. Der rechteckigen Eingangstür mit lünettenförmiger Supraporte, die eine lorbeerumkränzte JN-Signatur ziert, ist der blockhafte Vorbau vorgelagert, der an drei Seiten durch breite rundbogige Eingänge erschlossen wird. Während seitliche Rampen den Zutritt mit Pferden ermöglichen, ist dem zentralen Eingang eine Freitreppe vorgelagert. Eine Blendarchitektur aus Lisenen, Architrav und Archivolten akzentuiert diesen Bereich. Den oberen Fassadenabschluß bilden ein Konsolgesims und eine hohe, zweigestufte Attika, die den Ansatz der Bohlendachkonstruktion verbirgt. Auf die Funktion des Gebäudes verweist die der Vorhalle aufgesetzte Attikaskulptur eines Rossebändigers. Für die Zierelemente an den Ecken in Delphinform ist eine Entwurfszeichnung (L GS 14033) in der Graphischen Sammlung vorhanden.\nDie Fassadengliederung durch Drillingsfenster findet sich in einem anderen Aufrißentwurf in der Staatlichen Graphischen Sammlung in München (Inv.Nr. 27018). Die strebepfeilerartigen Wandvorlagen in der Münchener Zeichnung sind jedoch Teil einer späteren Planungsstufe und kommen in dieser Form wiederum in einer in der Graphischen Sammlung der Staatlichen Museen Kassel vorhandenen Federzeichnung mit Seitenaufriß und Rückmaueraufriß vor (GS 15094). \nDas Hauptaugenmerk der Querschnittzeichnung in der unteren Blatthälfte liegt auf der Darstellung des Bohlendachs. Die Holzarretierung, die als Stützenkonstruktion mit dem Sparrenwerk verzapft ist, ist in Gelb hervorgehoben. Die im Schnitt sichtbare Innenwandgestaltung der Vorderfront der Reithalle, die durch eine Tribüne mit Balustrade als Standort für Zuschauer ausgewiesen ist, nimmt die Gestaltungsmerkmale der Eingangsfront in Form einer mittigen Rechtecköffnung mit darüber angeordnetem, lünettenförmigem Feld und lorbeerumkränzter JN-Signatur wieder auf. Die Konstruktion der Tribüne verdeutlicht ein Grundriß im Hessischen Staatsarchiv Marburg, der dem vorliegenden Aufriß zugeordnet werden kann (StAM P II 9560/2). Demnach war die fast 3 m breite Tribüne durch zwei seitliche und einen zentralen Treppenaufgang zugänglich. War die linke Tribünenseite Jérôme Napoleon vorbehalten, stand der rechte Teil der Hofgesellschaft zur Verfügung. |
Autor |
MH |