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Ziele

by raspe last modified 2004-03-25 05:49 PM

Wozu dient die Datenbank?

Tota res aedificatoria lineamentis et structura constituta est.
> (Leon Battista Alberti, De Re Aedificatoria, I, 1)

Architekturzeichnungen fristen in der Kunstgeschichte ein Schattendasein. Das ist sehr bedauerlich, denn nur Zeichnungen oder Modelle machen den künstlerischen Schaffensprozeß des Architekten sichtbar. Es ist aber auch verständlich: Die Zeichnungen sind oft fragil und lichtempfindlich, daher werden sie unter Verschluss gehalten und nur Spezialisten zugänglich gemacht. Ein eingehendes, vergleichendes Studium ist oft nicht möglich – entweder aus konservatorischen Gründen, oder weil die Blätter in verschiedenen graphischen Sammlungen aufbewahrt werden.

Das wird nun anders. Mit Hilfe moderner Scan- und Computertechnik können diese Kunstwerke erstmalig einem weiteren Forscherkreis erschlossen und sogar dem Laienpublikum dargeboten werden. Die Forschungsdatenbank Lineamenta, die gemeinsam an der Bibliotheca Hertziana in Rom und der Universität Trier entwickelt wird, hat sich zunächst die Dokumentation von italienischen, vor allem römischen Architekturzeichnungen des 17. und 18. Jahrhundert vorgenommen. Arbeitsgrundlage ist eine vorhandene Foto- und Karteikartendokumentation, die bereits in den 80er Jahren von Prof. Elisabeth Kieven aufgebaut wurde. Dabei geht es nicht darum, lediglich eine Reihe von Abbildungen und Metadaten „ins Netz zu stellen“. Ziel ist eine Datenbank, die spezialisierte Forschungsinteressen berücksichtigt und geeignete Werkzeuge zur wissenschaftlichen Analyse der Blätter zur Verfügung stellt. Grundsätzlich soll die Datenbank Architekturzeichnungen aller historischen Epochen erfassen und beschreiben können.

Der Name Lineamenta geht auf das oben angeführte Zitat von Leone Battista Alberti zurück, dem ersten und wichtigsten Architekturtheoretiker der frühen Neuzeit. Im Gegensatz zu „structura“, womit er den ausgeführten Bau und seine Konstruktion bezeichnet, meint Alberti mit „lineamenta“ den zeichnerischen Entwurf. Als abstrahierendes, immaterielles Liniengefüge bildet der architektonische Entwurf ein Kunstwerk mit eigenem Wert und eigenen Bedingungen. Daher soll die Datenbank über die rein katalogmäßige Erfassung hinaus Spezialwerkzeuge zur wissenschaftlichen Analyse dieser Werke zur Verfügung stellen.

Lineamenta soll eine ausgesprochene Forschungsdatenbank sein, die über herkömmliche Sammlungskataloge oder Werkverzeichnisse hinausgeht. Die Zeichnungen werden eingebunden in ein umfangreiches Netzwerk aus Informationen zu Personen und Institutionen, zu vorhandenen Bauten und nicht ausgeführten Projekten, zu Stichpublikationen, zu anderen schriftlichen und zeichnerischen Quellen und zur Sekundärliteratur. Der Entstehungskontext, der Schaffensvorgang, die Darstellungskonventionen sowie die Rezeptions- und Forschungsgeschichte lassen sich so in einem Umfang darstellen, der bislang nur mit großem Aufwand zu erreichen war. Heute in aller Welt verstreute Zeichnungen werden virtuell wieder zusammengeführt und erlauben vielfältige und neue Einblicke in das Quellenmaterial. Man wird beispielsweise nach den Kriterien für den Aufbau und die Präsentation von Zeichnungssammlungen im 18. Jahrhundert fragen können, aber auch nach der Bedeutung einzelner Blätter in der akademischen Lehre; nach den persönlichen Beziehungen und dem Ideenaustausch zwischen Künstlern oder nach der Entwicklung formaler und technischer Traditionen. Die neu gewonnene Übersicht über das Material wird zahlreiche neue Fragestellungen hervorbringen.

Auf lange Sicht soll der Aufbau der Datenbank in internationaler Kooperation erfolgen, wobei die Bibliotheca Hertziana wesentliche Anteile der technischen und wissenschaftlichen Ressourcen bereitstellen kann. Die Beiträge der kooperierenden Wissenschaftler, die von ihrem Arbeitsplatz aus online mit den beteiligten Kollegen an der Katalogisierung der Zeichnungen werden arbeiten können, bleiben namentlich gekennzeichnet und können über Kommentarfelder um weitere Informationen und divergierende Einschätzungen ergänzt werden. Für kooperierende Institute wird die Datenbank auch über das Internet konsultierbar sein. Für die Öffentlichkeit werden - in Absprache mit den jeweiligen Inhabern der Bildrechte - nur reduzierte Bilddateien zur Verfügung gestellt.

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